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Board & Paper

Wiederverwertung beginnt beim Design

Papier- und Kartonverpackungen gelten bereits als besonders umweltfreundlich, und doch gibt es noch Potenzial, wie sie in Zukunft noch mehr zum Klimaschutz beitragen können. Das zeigt Susanne Haase auf, die die Initiative 4evergreen leitet.

Frau Haase, Sie sind Program Director 4evergreen bei CEPI, dem Verband der europäischen Papierindustrie. Was ist die Motivation hinter dieser Initiative?

Wir haben uns das Gesamtbild der Branche angeschaut und dabei festgestellt, dass sich viele Unternehmen ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt haben – darunter beispielsweise mehr Papier- und Kartonverpackungen zu verwenden. Schon heute lassen sich 4,5 Millionen Tonnen Plastik durch Papier- und Karton-Alternativen ersetzen. 4evergreen hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Übergang zu begleiten, indem wir klimaneutrale Faser-basierte Verpackungs-Alternativen entwickeln. Dafür setzen wir auf einen wissenschaftlichen Ansatz, mit dem wir vor allem die Recyclingfähigkeit der Verpackungen erhöhen wollen.

Die meisten Menschen würden Papier- und Kartonverpackungen schon als umweltfreundlich bezeichnen. Wo gibt es bei der Recyclingfähigkeit noch Luft nach oben?

Faser-basierte Verpackungen haben nach Volumen bereits den größten Anteil an der Recycling-Rate der EU. Eurostat rechnen vor, dass 83 Prozent der Papier- und Kartonverpackungen wiederverwertet werden. Bei Metall sind es 81 Prozent, bei Glas 76 und bei Plastik nur 40 Prozent. Wir haben jedoch erkannt, dass es mit Blick auf Faser-basierte Verpackungen unterschiedliche Qualitäten gibt. Ziel von 4evergreen ist es deshalb auch, für ein einheitlich hohes Qualitätsniveau zu sorgen. Und wenn wir einen besseren Verwertungskreislauf erreichen wollen – und zwar für alle Verpackungen, die auf den Markt kommen –, müssen wir sicherstellen, dass dieser Kreislaufgedanke schon beim Verpackungsdesgin einfließt.

„Wenn wir besseres Recycling erreichen wollen, muss der Kreislaufgedanke schon beim Verpackungsdesign einfließen.“ Susanne Haase

„Circularity by Design“ ist einer der vier Schwerpunkte, die Sie bei 4evergreen identifiziert haben. Die anderen drei sind das Protokoll zur Bewertung der Recyclingfähigkeit, die Richtlinien zur Sammlung und Sortierung von Verpackungen sowie Innovationen. Welche Fortschritte können Sie jeweils verkünden?

Für das „Protokoll zur Bewertung der Recyclingfähigkeit“ wurden bereits 52 Verpackungen getestet und anhand ihrer Wiederverwertbarkeit evaluiert. Und auch mit Blick auf das Design haben wir explizite Umsetzungsvorschläge auf dem Tisch. Was die Sammlung und Sortierung von Verpackungen angeht: Hier liegen bereits konkrete Best-Practice-Beispiele vor, die selbst künftige regulatorische Herausforderungen auf EU-Ebene berücksichtigen. Zudem begleiten wir drei Innovations-Projekte, die sich auf neuartige Recycling- und Sortierungs-Technologien konzentrieren.

Können Konsumgüterhersteller aus diesen Erkenntnissen bereits konkrete Empfehlungen für ihre Verpackungen ableiten?

Wir werden unsere Erkenntnisse im Detail in Kürze mit der Öffentlichkeit teilen. Bis dahin lautet unsere klare Empfehlung – gerade für die Produzenten: Haben Sie die Wiederverwertung schon während des Designprozesses im Hinterkopf! Wer hier noch unsicher ist, kann in die Guidelines schauen, die wir hierzu veröffentlicht haben.

Ist 4evergreen offen für neue Mitglieder?

Absolut, wir sind immer offen für neue Perspektiven der Industrie. Je mehr Unternehmen sich in unsere Arbeit einbringen, desto stärker werden unsere Ergebnisse sein. Schon heute bilden unsere Mitglieder die komplette Wertschöpfungskette der Papier- und Kartonverpackungen ab. Besonders willkommen sind auch Start-ups, die wir seit Sommer 2021 aktiv ansprechen. Denn neue Wege brauchen frische, disruptive Ideen und Gedankenansätze, die herausfordern.